«Im Studium kommt es noch früh genug dazu, dass man immer mehr über immer weniger weiss, weshalb ich für ein vielseitiges Grundwissen plädiere!»

Wie ging es bei Ihnen nach der Matur weiter?

Bis ich meinen Weg fand, dauerte es etwas: Erst wollte ich in Bern Geige studieren, dann fing ich an, mich für Neurowissenschaften zu interessieren. Der Auslöser dafür war ein Tinnitus, den ich wegen meines Geigenspiels eineinhalb Jahre vor der Matur bekommen hatte. Nachdem ich herausgefunden hatte, dass ein Tinnitus eigentlich nichts mit dem Hörnerv zu tun hat, sondern mit dem Gehirn, war ich überrascht. Meine Faszination für das menschliche Gehirn war geweckt!
Ich begann ein Biologiestudium an der ETH und wechselte dann nach Cambridge, wo ich bereits im zweiten Studienjahr Neurowissenschaften mit Psychologie kombinieren konnte. Meinen Master absolvierte ich dann wieder an der ETH und beschäftigte mich dort unter anderem mit der Frage, wie wir Menschen Berührungsreize an unserer Stirn wahrnehmen.
Nach meinem PhD in München, bei dem ich mich mit den neuronalen Grundlagen des Verhaltens beschäftigt hatte, suchte ich nach einem technischeren Beruf, da mir besonders die Datenanalyse und das Programmieren während meiner PhD-Zeit Spass bereitet hatten. Nun arbeite ich bei Helbling Technik in Wil, einer Firma, die in der Produktentwicklung tätig ist.

Welches Unterrichtsfach hat Ihnen am meisten Freude bereitet?

Lustigerweise war es nicht Biologie! Mathe und Musik waren eher meine Fächer. Generell hat mir aber fast alles Spass gemacht, was sicher auch an den engagierten Lehrkräften lag.

Wie hat das Rychenberg Sie persönlich geprägt?

Einerseits bin ich auch 15 Jahre später noch mit demselben Freund, also meiner «Gymi-Liebe», zusammen. Andererseits hat das Rychenberg auch mein Lern- und Arbeitsverhalten positiv beeinflusst. In meiner Schulzeit habe ich gelernt, dass eine gründliche und disziplinierte Vorbereitung meist von Erfolg gekrönt ist.
Des Weiteren wird die Selbstständigkeit schon früh gefördert, wenn man mit zwölf Jahren täglich alleine einen längeren Schulweg mit dem öV bestreitet. Diese «Alleingänge» haben bei kanadischen Freunden schon besorgtes Stirnrunzeln und Erstaunen hervorgerufen!

Was haben Sie aus Ihrer Schulzeit in besonders guter Erinnerung?

Unsere Klasse war super! Wir waren die zweite Immersionsklasse am Rychenberg und wurden, im Gegensatz zu den Schülerinnen und Schülern der Klassen vor und nach uns, nicht nur nach Noten ausgewählt. Das ergab einen spannenden Mix aus unterschiedlichen Interessen und Begabungen.

Was würden Sie sich für unsere Schule in Zukunft wünschen?

Neben dem breiten Allgemeinwissen sollten die Schülerinnen und Schüler sich – gerade im Zeitalter von Fake News – mit der Informationsbeschaffung und -verarbeitung auseinandersetzen. Dabei sollten sie lernen, einen kritischen Blick zu entwickeln und Dinge zu hinterfragen.

Welche Vorteile sehen Sie beim Besuch eines Langgymnasiums?

Ich schätze die breite Allgemeinbildung, die mir vermittelt wurde. Auch im Vergleich mit meinen internationalen Freunden fühle ich mich gut aufgestellt. So kann es beispielsweise in England passieren, dass man zwar drei bis vier selbst gewählte Fächer auf einem höheren Niveau als in der Schweiz abschliesst, man dafür aber ohne verpflichtende Fremdsprachen oder Naturwissenschaften den höchsten Schulabschluss bestehen kann. Im Studium kommt es noch früh genug dazu, dass man immer mehr über immer weniger weiss, weshalb ich für ein vielseitiges Grundwissen plädiere!