«Ich habe meinen Master in Lausanne abgeschlossen, deshalb habe ich die letzten zwei Jahre viel Französisch gesprochen.»

Das Geheimnis, wie man Familientraditionen hochhält, ohne in die Fußstapfen der Eltern zu treten, kennt Yerin Mira Läuchli. Wie ihre Eltern – Florian und Mija Läuchli – ist auch Yerin Mira Musikerin geworden und als Sängerin schon zusammen mit Pianisten wie Oliver Schnyder aufgetreten.

Musikalisch geht die Sopranistin aber ihren eigenen Weg: Bachelor of Arts, Klassischer Gesang  (2021) an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK); Master en Concert, Chant lyrique (2023) an der Haute École de Musique in Lausanne. Doch ihre Reise geht weiter und führt sie ans Conservatorium van Amsterdam, wo sie im Herbst 2023 das Studium für einen Master in Early Music, Voice aufnimmt.

 

Wenn Du an Deine Zeit am Rychenberg zurückdenkst, was verbindet Dich am meisten mit unserer Schule?

Die Freundschaften, die bis heute halten.

Ist eine weitgefächerte Ausbildung, wie sie die Rychenberger Maturität bietet, wichtig für eine Musikerin?

Ich bin froh über die weitgefächerte Ausbildung. Gerade der Sprachunterricht war sehr wichtig für mich: Im klassischen Gesang muss man in vielen verschiedenen Sprachen singen und natürlich immer genau wissen, was man sagt. Wenn man eine Sprache richtig beherrscht, kann man verschiedene Nuancen des Texts viel besser verstehen und spart auch viel Zeit bei der Übersetzung. Der Deutschunterricht ist ebenso wichtig, ich gehe bei Liedanalysen beispielsweise sehr gerne von der Gedichtinterpretation aus.

Bei Instrumentalistinnen und Instrumentalisten denke ich aber, dass tatsächlich ein Gymnasium passender wäre, welches mehr Zeit zum Üben ermöglicht.

Gab es für Dich eine Alternative zur Musik? Hättest Du Dir nach der Matur auch ein Uni-Studium vorstellen können?

Ja, ich habe parallel zum Vorstudium sogar zwei Semester Anglistik studiert! Psychologie hätte mich auch sehr interessiert. Ich wollte nach der Matura auch offen sein für andere Berufe und war nicht sicher, ob ich den ‘unsicheren’ Weg einer Berufsmusikerin einschlagen möchte. Ich fand das Studium an der Uni auch ganz spannend, habe dann aber gemerkt, dass die Musik einfach das Richtige ist und mich auf allen Ebenen begeistert.

Deine Eltern sind beide auch Musiker. Wie prägend ist – oder war – das Elternhaus für Dich?

Sehr, natürlich! Ich war immer umgeben von Musik … meine Mutter Mija ist ja auch Musikerin, sie spielt Violine im Musikkollegium Winterthur. Wir haben zuhause viel zusammen gesungen, Musik gehört, ich fing früh mit Cello- und Klavierunterricht an, wo ich zuhause beim Üben unterstützt werden konnte. Ich wurde aber nie unter Druck gesetzt, und Musik war lange einfach ein Hobby für mich.

Ich bin sehr froh, dass meine Eltern mich auf meinem Weg so unterstützen und mich in vielen Dingen beraten können. Ich bekomme von vielen Freundinnen und Freunden mit, dass das in ihren Familien anders ist.

Was verbindet Vater und Tochter in der Musik?

Ich würde sagen, dass ich sehr geprägt bin vom Musikempfinden und -geschmack meines Vaters … Wenn ich Stücke höre, die er früher geübt hat, fühle ich mich gleich an meine Kindheit zurückerinnert. Von ihm habe ich auch das Pflichtbewusstsein und die Arbeitshaltung mitbekommen, die einfach dazugehört.

… und worin unterscheidet Ihr Euch? Welches sind Eure eigenen musikalischen Interessen?

Es ist eine banale Antwort, aber dadurch, dass ich Sängerin bin und er Pianist, befassen wir uns hauptsächlich mit der Literatur unseres Instruments. Ich verbringe z.B. ziemlich viel Zeit damit, Texte zu analysieren, Rollen zu erfassen, zu übersetzen … Und ich begeistere mich mehr für Lieder und Opernarien als für Klavierliteratur. Ich nehme an, dass es für meinen Vater genau andersrum ist.

Auch die Art, Klavier- oder Gesangstechnik zu üben, ist sehr unterschiedlich, weil wir Sängerinnen und Sänger die Stimmbänder nicht so lange belasten können wie Pianisten ihre Hände.

Was ist für eine junge Frau wie Dich, Yerin Mira, die moderne Herausforderung an alter Barock-Musik?

Heutzutage hat jede und jeder Zugriff auf unzählige Quellen, welche vermuten lassen oder auch vorschreiben wollen, wie barocke Musik klingen sollte. Ich möchte auf jeden Fall historisch informiert musizieren, möchte aber dabei auch nicht Freiheiten und Persönlichkeit verlieren. Damit werde ich mich sicher zu Genüge in meinem Zweitmaster in Amsterdam befassen.

Viele Musiker sind auch Sprach-Virtuosen. Welche Sprachen brauchst Du in Deinem beruflichen Umfeld?

Ich habe gerade meinen Master in Lausanne abgeschlossen, deshalb habe ich die letzten zwei Jahre viel Französisch gesprochen. Englisch ist sonst natürlich die wichtigste internationale Sprache unter Musikerinnen und Musiker. Im letzten Sommer habe ich einen Meisterkurs in Salamanca gemacht und habe bereut, dass ich nicht Freifach Spanisch gewählt hatte … zum Glück kann man es gut von anderen romanischen Sprachen ableiten. Dafür mache ich oft vom Italienischen und vom Latein Gebrauch, wenn ich singe, und bin froh, dass ich die Fächer im Rychenberg belegt hatte.

Hast Du noch Kontakte zu Deinen Mitschülerinnen und Mitschülern?

Ja, zum Glück! Auch wenn ich einige wegen meinem Studium in Lausanne nicht mehr so oft gesehen habe, sind es wirklich schöne Freundschaften, die mir hoffentlich noch lange bleiben werden. Ich finde es auch total erfrischend, dass alle einen anderen Weg eingeschlagen haben als ich.

Was wünschst Du den Rychenberger Schülerinnen und Schüler für ihre Zukunft?

Dass sie trotz der grossen Auswahl nach der Matur genau den Beruf finden, der zu ihnen passt und sie glücklich macht.